Inzwischen habt ihr schon einiges über familientherapeutische Seminare erfahren können. Vielleicht fragt ihr euch nun, welche der vorgestellten Methoden zu euch passt.
Welche familientherapeutische Richtung passt zu mir?
Auf der Suche nach einem Seminarleiter spielen viele subjektive Kriterien eine wichtige Rolle: Fühlen Sie sich verstanden? Ist eine gewisse Harmonie vorhanden? Diese Fragen sollten Sie auf jeden Fall mit ‚ja‘ beantworten können. Sie sollen schließlich ein gutes Gefühl bei dem Ganzen haben. Des weiteren können Sie sich an objektiven Anhaltspunkten orientieren, z.B. wie viel Erfahrung der/die Kursleiter/in bereits hat.
Inzwischen wissen Sie vielleicht, dass die Arbeitsweisen nach Virginia Satir und nach Bert Hellinger unterschiedliche Schwerpunkte haben. Gemein ist ihnen jedoch, dass sie beide mit Stellvertretern arbeiten, welche die Familienmitglieder repräsentieren.
Die Unterschiede beider Methoden
Der Ansatz nach Virginia Satir
Virginia Satirs wachstumsorientierter Ansatz ist der systemisch-konstruktivistischen Richtung zugehörig. Er basiert auf der Vorstellung, dass jedes Individuum die Welt aus einem ganz spezifischen Blickwinkel erlebt. Demnach kann es keine objektive Wahrheit geben. Der Mensch konstruiert seine Wirklichkeit mittels seiner Wahrnehmung und speichert eigene (Familien-) Bilder.
An Satirs Methode orientierte Therapeuten betonen die noch nicht entdeckten Möglichkeiten im Familiensysten. Sie trauen jeder Person innerhalb der Familie zu, selbst neue Wege zu finden, um die Beziehungen zu gestalten. Die Aktivität bei der Lösungssuche liegt hierbei ganz deutlich bei dem Aufstellenden. Der Therapeut nimmt hier lediglich die Position eines Begleiters ein, der seinem Klienten dabei hilft, den eigenen Weg zu finden.
Kritiker wenden bei dieser Methode jedoch ein, dass tiefer gehende Verstrickungen so nicht gelöst werden können, da der Therapeut zu wenig in das Geschehen eingreift.
Der Ansatz nach Bert Hellinger
Bert Hellinger hingegen ist Phänomenologe. Seine Arbeitsweise wird als systemisch-phänomenologisch bezeichnet, da er aus den Phänomenen, d.h. aus den sichtbaren Wirkungen, die Dynamik des Familiensystems und daraus folgend die Lösung erkennt. Dieser Ansatz basiert auf der Annahme, dass sich während der Aufstellung eine Wahrheit auftut, die deutlich macht, wo im Familiensystem die Verstrickung und wo die Kraft liegt. Für Hellinger gibt es folglich eine objektive Wahrheit in Beziehungen, die allerdings nur für den Augenblick Gültigkeit besitzt.
Im Zentrum der an Hellinger orientierten Arbeit stehen die Ordnungen im Familiensystem. Man geht davon aus, dass schicksalhafte Bindungen das Leben eines jeden Menschen bestimmen. Der Therapeut gibt Strukturen vor, was sich am deutlichsten bei dem Idealbild der Familienaufstellung zeigt. Sie suchen nach der verborgenen Liebe, die der ursprüngliche Beweggrund allen Handelns ist. Die Aktivität liegt durch diese Vorgehensweise stark seitens des Therapeuten. Er richtet seine gesamte Aufmerksamkeit auf das ‚wissende Feld‘ der Beziehungen. Den letzten, entscheidenden Schritt muss aber auch hier der Aufstellende selber gehen. Offenheit und Bereitschaft ist daher Voraussetzung für den heilenden Prozess.
Kritiker warnen hierbei, dass die ‚Ordnung der Liebe‘ dogmatisch ausgelegt werde, wenn unreflektiert mit dem Erfahrungswissen umgegangen und nur ein einziger Lösungsweg vorgegeben würde.
Es gibt nun also Therapeuten, die sich an Satir oder Hellinger orientieren; aber auch solche, die beide Arbeitsweisen miteinander kombinieren. Jeder Therapeut entwickelt über die Jahre seinen eigenen Arbeitsstil. Wichtig für Sie ist, jenseits aller methodischen Überlegungen, dass der Kontakt zwischen Ihnen und dem Therapeuten harmonisch ist. Nur dann ist eine tiefgreifende Arbeit möglich.
Eure