Der Name Bert Hellinger kommt dem Ein oder Anderen wahrscheinlich bekannt vor.
Bert Hellinger entwickelte aus den Grundlagen vorangegangener familientherapeutischer Maßnahmen die systemisch-phänomenologische Therapie, um welche es heute im Detail gehen wird.
Grundlagen Hellingers Therapie
Bert Hellinger beschrieb als Erster die Familienaufstellung als ein sogenanntes „wissendes Feld“. Dabei tut sich über den Stellvertretern der Familienmitglieder eine sonst verborgene Wirklichkeit auf, in der die verschiedenen Verbindungen spürbar werden. Selbst zu toten oder ausgegrenzten Personen nehmen die Teilnehmer dann eine Verbindung wahr.
Phänomenologisch arbeiten bedeutet für ihn also, sich den Bewegungen der Seele zu öffnen, und das ganz ohne Wissen, Angst oder Absicht.
Hellinger geht davon aus, dass alle Ereignisse, die sich in der Geschichte der Familie je zugetragen haben, in einer Art Gruppengedächtnis gespeichert sind. Dieses kollektive Gedächtnis reguliert die Beziehungen und achtet darauf, wie jeder mit seinem Handeln die Zugehörigkeit zum System sichert.
Aus diesem Systemverständnis heraus entwickelte er ein Erklärungsmodell, welches darlegt, welche Dynamiken in Familiensystemen wirken und was man tun muss, damit wieder Frieden einkehrt. Er bezeichnet die Familie als Schicksalsgemeinschaft, in der drei Bedingungen vorgegeben sind: Bindung, Ausgleich und Ordnung.
Die Bindung
Die Bindung ergibt sich aus der Zugehörigkeit zum Familiensystem. Wird ein Kind in eine Familie hineingeboren, so fühlt es sich mit allen Menschen dieser Familie verbunden. Die engste natürliche Verbindung besteht jedoch zwischen Kind und Eltern. Das Kind wird seine Eltern immer lieben, egal wie diese sich verhalten und auch, wenn später möglicherweise andere Empfindungen wie Wut und Trauer diese primäre Liebe überlagern.
Hellinger unterscheidet in seinem Ansatz zwei Formen von Bindungsstörungen: Die unterbrochene Hinbewegung und die Verstrickung.
Bei der unterbrochenen Hinbewegung versteht man die Liebe eines Kindes, die es zu seinen Eltern empfindet und mit der es sich auf sie zubewegt, jedoch keine liebende Antwort erhält. Dies kann passieren, wenn die Eltern schon früh versterben oder das Kind sie als emotional nicht erreichbar wahrnimmt. In einem solchen Fall wird die Hinbewegung unterbrochen, was eine tiefe Verletzung der Seele bedeutet.
Die Verstrickung entsteht, wenn Bindungen ignoriert wurden oder wenn Personen, die eigentlich einen Platz im Familiensystem haben müssten, vergessen oder verachtet werden.
Die (Ursprungs-) Ordnung
Bezüglich der Generationengrenzen spricht Bert Hellinger von der Ursprungsordnung. Sie gibt eine Rangfolge vor, die im Familiensystem eingehalten werden muss. Wird diese eingehalten, geht es allen im Familiensystem gut. Wird sie gestört, treten vermehrt Komplikationen innerhalb der Familie auf. Die Rangfolge ergibt sich durch die zeitliche Abfolge, in der Mitglieder in die Familie eintreten.
Eltern haben somit mehr Rechte und Pflichten als Kinder. Wird diese Rangordnung gestört, beispielsweise weil das Kind versucht, die Ehe der Eltern zu retten, ist diese Ordnung verdreht und das Kind gibt in einer solchen Situation unangemessen viel. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die Rangfolge nichts über den Wert oder die Würde des einzelnen Familienmitglieds aussagt, sie legt lediglich die Rechte und Pflichten fest.
Der Ausgleich von Geben und Nehmen
Das gesamte Familiensystem besteht und lebt durch wechselseitiges Geben und Nehmen. Dieser Austausch von Zeit, Energie und Liebe variiert in der Beziehung von Partnern und zwischen den Generationen.
Da Mann und Frau gleichrangig sind, sollte jeder in der Partnerschaft gleich viel geben und nehmen. Je mehr Liebe ausgetauscht wird, desto glücklicher ist die Beziehung.
Auch zwischen Eltern und Kindern findet ein Austausch statt: Die Eltern geben ihren Kindern Liebe; durch die Entwicklung ihrer Kinder empfinden sie wiederum Freude. Über die Jahre verändert sich dieses Geben und Nehmen. Wenn die Kinder größer werden, geben sie beispielsweise etwas zurück, in dem sie den Eltern im Haushalt helfen.
Kritik an Hellingers Therapie
Die beiden großen Familientherapieverbände „Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie“ (DGSF) und „Systemische Gesellschaft“ (SG) distanzieren sich jedoch von seiner Arbeit. Vor allem die Großauftritte vor Publikum seien mehr zu Zwecken der Selbstinszenierung. Darüber hinaus warnten sie vor Aufstellungsangeboten, die von Seminarleitern ohne Therapieausbildung angeboten werden.
Mit den besten Grüßen
Eure Claudia Grill